Die serbischen Tschetniks einst und jetzt.

Anmerkungen zur Geschichte der serbischen Rechten

von Max Brym 2006

 

Seit einigen Jahren gibt es bei bestimmten deutschen „Linken“ einige absurde Vorstellungen zu den Vorgängen auf dem Balkan. Am peinlichsten wird es, wenn der aktuelle Konflikt um Kosova mit „historischen Argumenten“ unterlegt wird. Viele betreiben eine Geschichtsbetrachtung die mit der Realität nichts gemein hat. Besonders signifikant tritt dieser Realitätsverlust bei Autoren wie Jürgen Elsässer, Werner Pirker (Junge Welt) und Justus Wermüller (Bahamas) zutage. Es wird geglaubt, „die Serben kämpften gegen Hitlers Faschisten, während alle anderen auf der Seite der Nazis standen“. Deshalb betrachten sie alle Serben als progressiv, weil angeblich „nur die Serben gegen Hitler kämpften“. Bis heute werden Kroaten kollektiv mit der Ustascha gleichgesetzt und die Albaner mit der kleinen SS-Division Skanderbeg. Völlig ausgeblendet wird die reale historische und aktuelle Entwicklung, um am Schluß bei der Behauptung von guten und schlechten Nationen zu landen. Es wird einfach ignoriert: Es gab in der Zeit der Nazibesatzung Jugoslawiens zwei Marionettengebilde: Die Ustascha in Kroatien und das Regime des Generals Nedic in Serbien. Dennoch hat die philoserbische Haltung einiger deutscher „Linker“ reale Gründe. Die Gründe sind allerdings rein deutsch, demzufolge haben sie nichts mit objektiver Geschichtsbetrachtung gemein.

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Tod und Verklärung des oppositionellen jüdischen Kommunisten - Werner Scholem-


Werner Scholem

 

 

von Max Brym

Im August dieses Jahres erschien von Ralf Hoffrogge eine ausgezeichnete Biografie über den Juden und kritischen Kommunisten Werner Scholem. Es ist schwer beim lesen des Buches sich vom Text zu lösen. Dem Autor dieser Zeilen war es nur selten möglich das ausgezeichnete Buch aus der Hand zu legen.

Der Autor schrieb nicht nur eine Biografie über den älteren Bruder, des jüdischen Religionsphilosophen Gershom Scholem, sondern ein vergessenes Dokument der Zeitgeschichte. Werner Scholem wurde am 17. Juli 1940 KZ Buchenwald von einem SS Mörder getötet.

Erst in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erschienen Bücher von Franz Jung unter dem Titel “Die Hammersteins“ in einer neuen Werkausgabe. In dieser Ausgabe kommt Werner Scholem ausgiebig vor. Auch andere Autoren brachten später Bücher auf dem Markt.

Das bekannteste dürfte das Buch von Hans Magnus Enzensberger sein: “Hammerstein oder der Mut zum Eigensinn“. Im Jahr 2011 wurde ein Roman von Arkadij Maslow, “Die Tochter des Generals“ publiziert. Maslow, war ein enger Mitkämpfer von Werner Scholem, in der KPD Führung zwischen 1924 und 1925. Im Jahr 1935 schrieb Maslow in der Emigration den Roman, der bis 2011 der nagenden Kritik der Mäuse überlassen wurde.

Aber in allen genannten Büchern kommt Werner Scholem, im wesentlichen nur als Schwerenöter und Geheimagent, im Zusammenhang mit den Töchtern des Generals Hammerstein vor. Den wirklichen Scholem findet man erst wieder in der Biografie von Hoffrogge. Gezeichnet wird ein Mensch in seinem Widerspruch.

Werner Scholem wurde am 29. Dezember 1895 als Sohn von Arthur und Betty Scholem in Berlin geboren. Das Elternhaus mit dem patriarchalen und erfolgreichen Vater war bürgerlich elitär geprägt. Die Familie des Druckereibesitzers Scholem, war konservativ und bestenfalls liberal geprägt. In der Familie dominierte der deutsche Nationalismus.

Gleichzeitig wurde darauf Wert gelegt, an der jüdischen Religion und den jüdischen Sitten festzuhalten. Der Junge Werner geriet zusammen mit seinem jüngeren Bruder Gerhard (Gershom) Scholem, in immer stärkerem Widerspruch zum Vater.

Zionismus oder Sozialismus?

Anfang des Jahres 1912 trat Werner Scholem der zionistischen Jugendorganisation “Jung Juda“ bei. Auch seinen jüngeren Bruder (Gerhard-Gershom) begeisterte Werner für den Zionismus. In dieser Zeit betrachtete Scholem, die Assimilation der Juden als FEHLSCHLAG.

Im gleichen Jahr brach Werner Scholem, allerdings mit der zionistischen Jugendorganisation und wurde Mitglied der „Sozialistischen Arbeiterjugend“. Der autoritäre Vater Arthur verstieß den Sohn und schickte ihn auf eine Schule in Hannover. Sein Banknachbar war ausgerechnet der später berühmt-berüchtigte Ernst Jünger. I

In seinen späten Tagebüchern bemerkte der Autor von „In Stahlgewitter“- Ernst Jünger- im biblischen Alter von fast 100 Jahren, „immer wieder erscheint mir Werner Scholem in meinen Träumen“. Die beiden Schulkollegen entwickelten sich bekanntermaßen völlig unterschiedlich. Werner Scholem trat 1913 der SPD bei und bekannte sich zu ihrem linken Flügel, um Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Scholem hatte Kontakte mit den späteren Bremer Linksradikalen.

Im Jahr 1914 musste Scholem zum Militär. Die verhasste preußisch-deutsche Armeen schickte Scholem, zuerst auf den Balkan und dann zum Kampf gegen Russland. An der Ostfront wurde Scholem im Jahr 1916 schwer verwundet. Fast das ganze Jahr über verbrachte er in Notlazaretten Anschließend bei seiner nicht-jüdischen Frau Emmy.

Anfang 1917 nahm Scholem an einer Antikriegskundgebung in Uniform in Halle teil. Diese Teilnahme an einer Antikriegskundgebung brachte Scholem unverzüglich ins Gefängnis in Halle. Mehr als ein Jahr Haft waren die Folge. Ausführlich zitiert wird in der Biografie aus dem Briefwechsel mit seinem Bruder Gershom.

Oft ist Werner Scholem, deprimiert und stellt sich die Frage, „ob nicht doch sein jüngerer Bruder mit seinem Palästina recht hätte“. Die beiden Brüder schwanken zwischen Sozialismus und Zionismus, wobei bei Werner diese Schwankungen nur bedingt gegeben waren. Werner befand sich bereits auf einem festen sozialistischen Fundament. Werner erhoffte sich von der Weltrevolution, auch die Lösung der jüdischen Frage.

Gershom hingegen hatte nur bedingte Anflüge in Richtung Sozialismus. Des Öfteren war allerdings Gershom begeistert von einzelnen Äußerungen von Rosa Luxemburg, aber auch von Eduard Bernstein, der sich während des Krieges zum Kriegsgegner wandelte. Im Jahr 1918 wurde Werner in das „Stahlgewitter“ an der Westfront geschickt. Grundsätzlich lehnte er das Massaker ab.

Die Novemberrevolution 1918 erlebte Werner Scholem, noch als Soldat an der Westfront. Unmittelbar nach Kriegsende zog Scholem nach Halle und engagierte sich in der damals sehr weit links stehenden USPD. Scholem wurde bald als Redner und Publizist zum gefürchteten Gegner der Sozialdemokratie und der politischen Reaktion. Im Jahr 1920 machte sich Scholem auf dem außerordentlichen Parteitag der USPD, für den Zusammenschluss mit der KPD stark.

Ab 1921 war Werner Scholem, der verantwortliche Redakteur des KPD Zentralorgans „Roten Fahne“ in Berlin. Nach den März Kämpfern im Jahr 1921 musste Scholem, für einige Zeit wieder ins Gefängnis. Von 1921-1924 vertrat Werner Scholem, die KPD im preußischen Landtag. Ausführlich beschreibt der Autor, die Tätigkeit von Scholem in seiner Zeit als Landtagsabgeordneter.

Unter der Leitung seines späteren Fraktionsgegners in der KPD , Ernst Meyer, widmete sich Scholem speziell der Bildungspolitik. Scholem setzte sich besonders für die Interessen der zugewanderten Juden aus Osteuropa ein. Laufend wurde Scholem im Landtag antisemitisch attackiert.

Das Buch zeigt wie antisemitisch angefressen das gesamte bürgerliche Parteienspektrum und der damaligen preußischen Landtag war. Im Gegensatz zu Scholem, stellten die anderen Parteien die “Ostjuden“ als Problem dar. Auch der damalige preußische Innenminister Severing, machte da keine Ausnahme. Severing unterschied, die„deutschen Juden“ positiv von den „Ostjuden“. Im Jahr 1924 wurde Scholem für die KPD, bis zum Jahr 1928 in den Reichstag gewählt.

Die ultralinke Phase des Werner Scholem

Nach der gescheiterte Oktoberrevolution in Deutschland im Jahr 1923 änderte sich das Kräfteverhältnis innerhalb der KPD grundsätzlich. Dem ehemaligen Parteivorsitzenden Heinrich Brandler, wurde alle „Schuld“ für die Oktober - Niederlage zugeschrieben. Im Fürhjahr 1924 setzte sich der so genannte ultralinke Flügel innerhalb der KPD faktisch unumschränkt durch.

Diese Führung bestand aus Ruth Fischer, A. Maslow und Werner Scholem. Charakteristisch für diese Führung war die radikale Agitation und die Ablehnung jeglicher Zusammenarbeit mit den sozialdemokratischen Spitzen. In den genannten Jahren waren Ruth Fischer und Werner Scholem, die eigentlichen Führer der KPD. Der Chef Theoretiker Arkadij Maslow verbrachte diese Zeit im wesentlichen im Gefängnis.

Werner Scholem wurde als Organisationssekretär der eigentlichen Vater der„Bolschewisierung“ der KPD. Das Führungstrio führte einen erbitterten Kampf gegen alle Abweichler und „Versöhnler“. Dies geschah im Gegensatz zu den Leitlinien der damaligen kommunistischen Internationale. Zwar hatte auch Grigori Sinojew bestimmte ultraradikale Positionen, dennoch favorisierte die damalige Führung der„Kommunistischen Internationale“ ein Bündnis zwischen der Parteilinken und der damaligen Mittelgruppe, um Hermann Remmele.

Im September 1925 schrieb die Führung der „Kommunistischen Internationale“ einen offenen Brief an alle KPD Mitglieder. In diesem Brief wurde eine stärkeren Gewerkschaftsarbeit und die Politik der Einheitsfront eingefordert. Auch Ruth Fischer unterschrieb, den damaligen „offenen Brief“. Der Hauptoppositionelle wurde objektiv Werner Scholem.

Der Autor Ralf Hoffrogge schreibt über dieses Kapitel nach meinem Geschmack viel zu kurz. Allerdings arbeitet er heraus, dass Scholem, damals ein echter Ultralinker war. Die Person Scholem spiegelte damals die linksradikale Gesinnung bei großen Teilen der Arbeiterschaft speziell in Berlin und Hamburg wieder.

Werner Scholem kam auf die Abschussliste der „Kommunistischen Internationale“ mit ihrer beginnenden Stalinisierung. Der Abweichler hatte unter Beweis gestellt , dass mit ihm nicht einfach als Befehlsempfänger zu rechnen sei. Im November 1926 wurde Scholem, zusammen mit der kompletten „ultralinken Führungsriege“ aus der KPD ausgeschlossen.

Gemeinsam mit seinen Mitkämpfern, bildete er bis 1928 die Gruppe der „Linken Kommunisten“ im Reichstag. Mit Hugo Urbahns, dem eigentlichen Leiter des Hamburger Aufstandes von 1923, sowie mit Ruth Fischer und Maslow, wurde Anfang 1928 der linksoppositionelle Leninbund gegründet. Unmittelbar nachdem der Leninbund, die eigene Kandidatur zur Reichstagswahl 1928 beschlossen hatte trat Scholem, zusammen mit Ruth Fischer und Maslow, aus dem Bund wieder aus.

Speziell die „oppositionelle Gruppe“ in Suhl, nannte das ziemlich offen einen „typischen Verrat der Juden“. In seinem ganzen Leben musste sich Scholem mit dem Antisemitismus in seinen unterschiedlichen Varianten auseinandersetzen. Einmal erklärte er gegenüber Hugo Urbahns: „Du merkst es nicht, denn du bist groß und blond.“ In seiner Zeit als Abgeordneter wurde Scholem fast durchgängig antisemitisch attackiert.

És wurden Witze gerissen über das Äußere von Scholem. Scholem galt für viele Abgeordnete schon in der „Weimarer Republik“ als Sinnbild des Juden. Scholem war klein und hatte abstehende Ohren. Dies genügte den Antisemiten und späteren Schädelvermessern als Argument.

Der Jurastudent Werner Scholem

Ab 1928 versuchte Werner nun schon als erwachsener Mann, mit reichlicher politischer Erfahrung, sein abgebrochenes Jurastudium fortzusetzen. In seiner Nähe saß ab 1929 die Tochter des Generals von Hammerstein. Nach allen Berichten verliebte sich die junge Generalstechtor, in den sexuell nicht gerade enthaltsamen Werner Scholem. Scholem selbst warb bei seiner junge Freundin für den Kommunismus. Marie- Luise von Hammerstein trat der KPD bei. Scholem selbst blieb nach seinem Austritt aus dem Leninbund parteilos.

Aus der Beziehung zur Tochter des Generals entstanden in der Literatur und in der historischen Betrachtungsweise, die wildesten Spekulationen. Angeblich soll Scholem, die Tochter des Generals mit dem Nachrichtenapparat der KPD in Verbindung gebracht haben. All dies ist und bleibt jedoch reine Spekulation. Keine Spekulation war die Tatsache, dass diese Tochter des Generals, einige unwichtige Dokumente für die KPD, aus dem Tresor ihres Vaters entwendete.

Diesen Fakt benützen die Nazis, um den damaligen Chef des deutschen Heeres Anfang 1934 kalt zu stellen. Was die Nazis nicht in Erfahrung brachten war der Fakt, dass Renate von Hammerstein, am 3. Februar 1933 das Gespräch zwischen Hitler und der Wehrmachtsführung im Bendlerblock in Berlin belauschte und stenografierte. Über diesen Weg erfuhr Leo Roth, sehr früh, die außenpolitischen Pläne des NS Regimes.

Der KPD Nachrichtenmann Roth, leitete diese Erkenntnisse umgehend nach Moskau weiter. Zwischen Renate von Hammerstein und Werner Scholem, konnte und kann keine Verbindung festgestellt werden. Ab 1930 schrieb Werner Scholem, unter falschem Namen für die Zeitung der deutschen Trotzkisten „Permanente Revolution“. Darin setzte sich Scholem, ganz im Sinne Trotzkis, für die Einheit zwischen SPD und KPD Arbeitern gegen den Hitler Faschismus ein. Ab 1929 waren ehemalige ultralinke KPD Funktionäre wesentlich klüger, als die damalige KPD Führung unter Ernst Thälmann.

Scholem im Gefängnis und KZ

Im März 1933 wurde Scholem von den Nazis verhaftet und für zwei Jahre im Berliner Polizei Gefängnis inhaftiert. Er wurde angeklagt den deutschen General von Hammerstein ausspioniert zu haben. Überraschenderweise musste Scholem, von diesem Vorwurf jedoch freigesprochen werden. Statt in die Freiheit wurde Scholem in das KZ Dachau und später in das KZ Buchenwald „überstellt“.

Ausführlich beschreibt der Biograf das schwere Leben des Werner Scholem, in dieser Zeit. Immer wieder versuchte speziell der in Palästina lebende Gershom Scholem, seinem Bruder freizubekommen. Bekanntlich scheiterten alle diese Versuche.

Im Jahr 1937 wurde eine Büste von Werner Scholem in der nazistischen Hetzausstellung“Der ewige Jude“ in München präsentiert. Der Autor der Scholem Biografie stellt ausführlich, die Misshandlungen an Werner Scholem, speziell im Konzentrationslager Buchenwald dar. Aber nicht nur dem Terror der SS war der jüdisch oppositionelle Kommunist ausgesetzt, sondern auch den Schikanen bestimmter stalinistischer Mithäftlinge im Konzentrationslager.

Einen besonderen Freund hatte Scholem im KZ- Buchenwald in den damaligen Trotzkisten Ernst Federn, welcher später als Psychoanalytiker weltberühmt wurde. Der Biograf zitiert kompakt aus den Erinnerungen von Ernst Federn, an Werner Scholem.

Fazit


Die politische Biografie von Ralf Hoffrogge, über Werner Scholem ist ein spannendes und historisch interessantes Werk über das Leben eines oppositionellen deutsch jüdischen Kommunisten. Das Buch sollte unbedingt gelesen werden. Anhand der Person von Werner Scholem kann sehr genau, die jüngste deutsche Geschichte nachvollzogen werden. Die Person Scholem wird im Kontext der Geschichte, sowie in den Konflikt zwischen Zionismus und Sozialismus erklärt Werner Scholem dem Vergessen entrissen zu haben und als politische Person zu präsentieren ist ein hohes Verdienst des Biografen.

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https://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Scholem